Ursula Grüne bangt um ihren in der Sahara entführten Sohn Christian
135 Tage quÄlender Ungewissheit
Ursula Grüne bangt um ihren in der Sahara entführten Sohn Christian
Von Dirk Banse, Berliner Morgenpost, 7. Juli 2003
Seit 135 Tagen befindet sich der Berliner Christian Grüne in den Händen von Geiselnehmern. Entführt in der algerischen Sahara, islamistischen Terroristen hilflos ausgeliefert. 135 qualvolle Tage auch für die Angehörigen und Freunde des 37-Jährigen, die sehnsüchtig auf die Nachricht der Befreiung von Christian Grüne und den anderen 14 Geiseln warten.
« Ich erhalte keine Informationen », klagte gestern Mutter Ursula Grüne am Telefon gegenüber der Berliner Morgenpost. Über ihren Jungen wolle sie erst sprechen, wenn er frei sei.
Doch wann wird das sein? Während 17 der zwischen Mitte Februar und Mitte März in Algerien verschwundenen europäischen Touristen bereits befreit werden konnten, herrscht über das Schicksal der anderen Geiseln Rätselraten. Vor drei Wochen hatte der algerische Präsident Abdelaziz Bouteflika lediglich vor Journalisten erklärt: « In diesem Moment, in dem ich zu Ihnen spreche, kann ich Ihnen sagen, dass die Geiseln leben. »
Ein Hoffnungsschimmer, mehr jedoch nicht. Denn bereits kurz nach der Befreiung der 17 Geiseln im Mai hatte es geheißen, die anderen entführten Touristen seien auch bald in Sicherheit. Seitdem wurde es ruhig um die in der Wüste vermissten zehn Deutschen, vier Schweizer und einen Niederländer.
Dieser hatte am 22. Februar von einer Poststelle des algerischen Ortes Illizi aus zu Hause angerufen und berichtet, dass er gemeinsam mit drei Deutschen über die Gräberpiste nach Hassi Bel Guebour fahren wolle. Die letzte Nachricht des Niederländers, der mit der Gruppe von Christian Grüne unterwegs war.
Der 37-jährige Berliner hatte sich gut auf die Tour durch die Wüste vorbereitet. Kurz vor seiner Abreise holte sich der Finanzfachmann in der KTM-Motorradfiliale an der Allee der Kosmonauten in Marzahn noch Ratschläge, wie er sich bei seinem Trip verhalten soll. « Allerdings war er in Eile. Er drängte darauf, dass sein Gelände-Motorrad schnell wüstentauglich gemacht wird », erinnert sich Geschäftsführer Andreas Walter.
So kurz wie ihm damals die Tage vorgekommen sein werden, so lang erscheinen sie Christian Grüne jetzt. Die ständige Angst vor dem Tod macht aus Sekunden Stunden.