Algerischer Staatsterror im Namen der GIA?

Algerischer Staatsterror im Namen der GIA?

In die Ermordung von sieben französischen Mönchen waren 1996 angeblich algerische Sicherheitskräfte verwickelt.

RALPH SCHULZE, Die Presse, 9.6.98

MADRID/ALGIER. Zwei Jahre nach der Ermordung von sieben französischen Mönchen in Algerien sind die algerischen Sicherheitskräfte beschuldigt worden, in die Bluttat verwickelt zu sein. Die Trappisten-Mönche waren Ende März 1996 aus ihrem Kloster in der Provinz Medea, südlich der Hauptstadt Algier, entführt worden. Wochen später fand man ihre Leichen – die Ordensleute waren geköpft worden. Damals wurden die extremistischen « Bewaffneten Islamischen Gruppen » (GIA) verantwortlich gemacht.

Aussagen algerischer Soldaten, die nach Europa geflüchtet sind und politisches Asyl beantragt haben, lassen die Tat in neuem Licht erscheinen. Wie die französische Zeitung « Le Monde » und das spanische Blatt « El Pais » berichten, behaupten mehrere Deserteure, daß jenes GIA-Kommando, das für die Entführung verantwortlich war, von Agenten der algerischen Sicherheitskräfte unterwandert und gesteuert worden sei. Der Vize-Chef dieser GIA-Gruppe sei ein Oberst des algerischen Geheimdienstes gewesen.

Schon mehrfach hatten algerische Deserteure in der Vergangenheit ausgesagt, daß das algerische Militär die GIA für seine Zwecke instrumentalisiere. Angehörige der Sicherheitskräfte würden sich als GIA-Extremisten verkleiden und Massaker unter Angehörigen der verbotenen Oppositionspartei « Islamische Heilsfront » begehen. Eine Version, die auch in Algier hinter vorgehaltener Hand erzählt wird, aber für die es keine Beweise gibt. Die algerische Regierung bezeichnet derartige Berichte stets als Propaganda der Fundamentalisten, erlaubt jedoch keine unabhängige Untersuchung dieser Vorwürfe.

Unterdessen floh ein Offizier der algerischen Armee am Montag mit einem Hubschrauber nach Spanien. Der Oberstleutnant landete zunächst auf der Baleareninsel Formentera und flog dann nach Ibiza weiter. Dort stellte er sich der Polizei und bat um politisches Asyl.

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