Appell für den Frieden in Algerien – gegen den Bürgerkrieg
Appell für den Frieden in Algerien – gegen den Bürgerkrieg
Wohin Algerien?
Zwei Kräfte bekämpfen sich dort. Der Staat einerseits, die islamistischen bewaffneten Gruppen andererseits. Der Krieg hat beispiellose Formen und eine bislang unbekannte Gewalt angenommen, besonders seit der Verbreitung der Milizen in ländlichen und vorstädtischen Gebieten. Die Zensur erlaubt es nicht immer ihre Rolle in der Zerstörung des sozialen Gefüges zu fassen, insbesondere wenn man weiß, daß die « Herren » des Staates die Segmentierung der politischen und regionalen Kräfte begünstigen und die Identitätsängste ausnutzen, um die Gesellschaft besser zu beherrschen.
Es gab keinen Grund dafür, daß der friedlichen Rahmen, in dem die Spannungen, die das Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft, vor allem seit Oktober 1988 bestimmten, überschritten wurden. Der autoritäre Staat hat seit den Wahlen von Dezember 1991 mit seiner Politik die Verhältnisse durcheinander gebracht, indem jede Entwicklung zur Demokratisierung des Landes blockiert wurde.
Die Armeechefs, die diesen Staat zu ihren Gunsten gefangen genommen haben, verfolgen ein Projekt dessen Antriebskraft ausschließlich die Beschlagnahme der Ölrente und die Bereicherung sind. Sie genießen ohne Rücksicht die faktische Macht, die ihre Position und die Unterstützung der internationalen Geldgeber ihnen verleiht. Ihre Ablehnung jeglichen ernsthaften Dialogs mit der politischen Opposition ist unbestritten. Es ist also nicht ohne Grund, daß die algerische Öffentlichkeit ihre Appelle nicht beantwortet und sie als eine bedrohliche Kraft erachtet, die nicht eigenständig agiert.
Ihnen stehen die bewaffneten Gruppen der Opposition gegenüber, die sich auf einen exklusivistischen Islam berufen, und die sich in einer Situation befinden, in der sie weder einer politischen Autorität – der Staat hat sie unterdrückt, gebrochen und zerstreut – noch der Gesellschaft gegenüber Rechenschaft ablegen müssen. So lassen sich ihre Kriegspraktiken, die identisch sind mit denen der Militärs und der Milizen, die verurteilungswürdigen Massaker, der Einsatz des Prinzips der Kollektivschuld in Bezug auf ganze Familien erklären.
In der Entwicklung des Dramas darf die Rolle der « internationalen Gemeinschaft » nicht unterschätzt werden.
Insbesondere Frankreich, das sich durch Netze und Hinterzimmer den algerischen Militärs verpflichtet, hätte sich nicht in die algerischen Angelegenheiten mit einem derart guten Gewissen einmischen können, wenn es nicht dazu eingeladen worden wäre. Die Zeit der undurchsichtigen Spiele ist verstrichen. Wir sind verpflichtet, sie zu verurteilen und bloßzustellen.
Algerier oder Freunde des algerischen Volkes, Anhänger der Brüderlichkeit und der Zusammenarbeit zwischen den Völkern auf der Ebene der Gleichheit,
Wir glauben, daß eine nachdrücklichere und anhaltendere Aktion der französischen und internationalen Öffentlichkeit zu Gunsten des Friedens eine notwendige, aber nicht ausreichende Bedingung für eine politische Lösung ist.
Es erfordert auch eine Versöhnung unter den Algeriern, den gemeinsamen Willen zum Wiederaufbau eines ausgebluteten Landes, das von einem Bürgerkrieg zersetzt wird, der schon allzu lange anhält.
ErstunterzeichnerInnen
Mohammed Harbi (Schriftsteller), Abdelmalek Sayad (Soziologe), Tassadith Yacine (Anthropologin), El Hadi Chalabi (Jurist), Leila Sebbar (Schriftstellerin), Lahouari Addi (Politologe), Nabil Fares (Schriftsteller), Malek Chebel (Schriftsteller), Abdelkader Yefsah (Akademiker), Ahmed Rouadjia (Politologe), Nourredine Abdi (Soziologe), Fatiha Talahite (Wirtschaftswissenschaftlerin), Saida Rahal-Sidoum (Akademikerin), Eliman Abdou (Linguist), Brahim Younsi (Historiker), Fouad Hakiki (Wirtschaftswissenschaftler), Ouahmi Ould-Braham (Verleger), Hassab Bouabdellah (Filmfachmann)…
Fügen Sie ihren Namen hinzu, unterschreiben Sie diesen Appell
Comité pour la paix civile et la Démocratie en Algérie
14, rue Jeacques Kablé
F-75018 Paris
Tel/Fax 0140051809