IV Präsidentschaftswahlen
IV Präsidentschaftswahlen… und dann?
Wie schon in der Chronologie erwähnt, bemühten sich die Militärs immer wieder ihre Macht zu legitimieren, indem sie z.B. einen Ausschuß mit der Vorbereitung einer nationalen Konferenz für Anfang 1994 betrauten. Die algerischen Parteien – außer der FIS – wurden eingeladen, angeblich um ein Konzept für ein gemeinsames Programm zu erarbeiten und die zu bildende Staatsführung für die Übergangszeit zu bestimmen. Doch eine politische Formation nach der anderen zog sich zurück, als deutlich wurde, daß sie nur die bereits getroffenen Entscheidungen der Machthaber abzusegnen hatten und der Öffentlichkeit als Statisten zur Schau gestellt werden sollten. Ait-Ahmed, Vorsitzender der FFS, sagte:
Über die echten Probleme durften wir nicht reden, weil diese die Vorherrschaft des bestehenden Regimes in Frage stellten. Die Militärs hatten einen roten Strich gezogen. Niemand durfte diesen überschreiten.1
Schließlich endete die Konferenz mit der Abwesenheit fast aller Parteien, was die Militärs nicht daran hinderte, sie dennoch als einen Erfolg zu präsentieren und den General Liamine Zeroual als Übergangspräsidenten für drei Jahre zu ernennen. Demzufolge sollten erst Ende 1996 Wahlen den demokratischen Prozeß wieder einleiten.
Die größten Oppositionsparteien trafen sich, wie schon erwähnt, zweimal in Rom (November 1994 und Januar 1995) und arbeiteten eine Plattform aus, die aus der Sicht der Staatsmacht unter keinen Umständen auf zu großen Zuspruch in der Bevölkerung und im Ausland stoßen durfte. Eine riesige Desinformationskampagne wurde seitens der algerischen Führung gestartet, um die Unterzeichner der Plattform als « Verräter der Nation » zu diffamieren. Während viele Demonstrationen arrangiert wurden, die die Ablehnung der Bevölkerung zur Schau stellen sollten, durften die Oppositionsparteien nicht für die Plattform werben, Versammlungen organisieren oder gar Artikel darüber schreiben. Bald darauf kündigte Zeroual die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen an (die eigentlich erst ein Jahr später stattfinden sollten). In einer extrem prekären Lage, die von täglichen Bombenattentaten, Ermordungen, Razzien, usw. geprägt war, wurden die Wahlen vor allem propagandistisch vorbereitet. Täglich berichtete das staatliche Fernsehen von den neuen Fortschritten in der Etablierung der Wählerlisten, Anschaffung der Wahlurnen, Vernetzung der Verwaltungen durch Computer usw. Monatelang war kein anderes Thema in den algerischen Medien so präsent, wie diese bevorstehenden Präsidentschaftswahlen. Aufgrund der abermals gescheiterten Gespräche mit der Staatsspitze beschließen die « Plattform-Parteien », die Wahl zu boykottieren.
Wie schon mehrmals hier bemerkt, scheint das Regime auch ein gewisses Interesse zu haben, Verwirrung bezüglich Urheber und Drahtzieher der Gewaltakte zu produzieren und zu erhalten. Zudem kann festgestellt werden, daß jedesmal, wenn « Dialog »-Möglichkeiten oder andere Zeichen zur Beilegung des Konflikts erkennbar sind, die Anschläge und Morde zunehmen.
Ait-Ahmed scheint zu glauben – und alles scheint seine Überzeugung zu bekräftigen -, daß das Regime wissentlich darauf hinarbeitet, die Extremisten zu verstärken und die Politischen, die eine gemäßigtere Beurteilung der Dinge haben, zu schwächen. Er sagte der Zeitung Le Monde, daß, jedesmal wenn eine Möglichkeit, die Islamisten wieder in das politische Leben und in die Legalität zu integrieren, in Aussicht steht, das Regime bestrebt sei, sie zur Gewaltanwendung zu drängen. Mit dem Verbot für die freigelassenen FIS-Führer, jeglicher politischer Betätigung nachzugehen, und durch die Geheimhaltung des Verbleibs von Abassi Madani und Ali Benhadj, scheint man in der Tat allein dem militärischen Flügel freie Bahn für die Festlegung der Schwerpunkte der islamistischen Bewegung zu lassen.2
Auch José Garçon analysiert die psychologische Kriegsführung, die darin besteht, politische Manipulationen mit der Anwendung von Terror zu verbinden, um so die algerische Öffentlichkeit aus ihrer Rolle der Beobachterin zu reißen und sie zu zwingen, in dem Konflikt Stellung zu beziehen:
Im April 1995 hat sich der Apparat z.B. deutlich ereifert, mit dem Ziel, die von den Staatsorganen beabsichtigten Präsidentschaftswahlen glaubwürdig erscheinen zu lassen. Zwei Wochen lang hat ein Teil der Presse ihre Schlagzeilen mit dem « Zusammenbruch » der unterzeichnenden Parteien des Vertrages in Rom, dann mit der Annäherung der FLN und der FFS an die Staatsführung, gefüllt. Gleichgültig gegenüber ihren Dementis verwirrte eine Lawine von Presseartikeln, die seltsamerweise die selben Argumente und oft die selben Redewendungen verwendeten, die Beobachter, selbst die erfahrensten unter ihnen, bis die Seifenblase durch das zu erwartende Scheitern der Treffen zwischen diesen Parteien und dem Präsidium platzte. Diese politische Offensive hatte ihr Pendant auf der militärischen Ebene. Überwältigende Ergebnisse der Armeeoffensiven, insbesondere im Osten des Landes, sind auf wundersame Weise durchgesickert und stachen somit von dem sonst gewöhnlichen Schweigen ab. Gleichzeitig zu suggerieren, daß die wichtigsten Parteien das Prinzip von Präsidentschaftswahlen akzeptieren würden und die (militärischen) Erfolge gegen die Gotteswahnsinnigen eine solche Wahl vorstellbar werden lassen, hatte einen unmittelbaren Vorteil, insbesondere zu dem Zeitpunkt, als wichtige Verhandlungen mit den Gläubigerländern in Paris stattfanden: zu beweisen, daß das Regime sich nicht mehr in der Defensive befand, in die es die Initiative von Rom gedrängt hatte.3
Ab September 1995 durften sich die Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen aufstellen lassen. Sie mußten allerdings 75 000 Unterschriften aus 25 Distrikten vorweisen, was angeblich nur vier Kandidaten gelang. Lange war nicht klar, ob Zeroual kandidieren würde. Scheinbar schwankten die Militärs zwischen Redha Malek – ehemaliger Regierungschef und bekannt für seine extreme Haltung gegen die islamistische Bewegung – als einer Zivilperson und Zeroual, der sich zwar « bewährt » hatte, aber ein Militär ist. Daß der Kandidat der Armee siegen würde, stand nicht in Frage. Viel entscheidender war das Ausmaß an Beteiligung, nachdem zum Boykott aufgerufen worden war. Und viele BeobachterInnen zweifelten an der Durchführbarkeit dieser Wahlen in einem vom « Terror geschüttelten Land ».
Im Vorfeld der Wahlen wurden schon Kritiken laut, die aber sowohl von offizieller Seite, als auch im Ausland totgeschwiegen wurden: die Wochenzeitung La Nation wurde vier mal suspendiert,4 weil sie die Position der Opposition vertrat; viele Menschen erhielten keine Wahlkarten, bzw. selbst die genaue Zahl der Wahlberechtigten blieb unklar.5 Druck wurde auf staatliche Angestellte ausgeübt, zur Wahl zu gehen, und es wurde mit Gefängnisstrafen gedroht; die Ausstellung von Ausreisepapieren wurde von dem Antrag auf Wahlkarten abhängig gemacht.6 In Frankreich (stärkste Wählergruppe in der Diaspora mit 600 000 Stimmen) gab es Gerüchte, daß die algerischen Vertretungen den Nichtwählern keine Ausweispapiere ausstellen würden.7 Die Märkte, Schulen und Sportstadien wurden anläßlich der Wahl fünf Tage lang geschlossen. Obwohl die Bedingungen, unter denen die Wahl stattfinden würde, bekannt waren, wurden nur 106 internationale Wahlbeobachter geschickt;8 Journalisten wurde die Bewegungsfreiheit, außer in Ausnahmefällen, verwehrt, z.B. erhielten die Journalisten von ‘Le Monde’ kein Einreisevisum…9
Die Wahl findet schließlich statt und wird als großer Erfolg von Seiten der algerischen Führung und in Europa gefeiert: endlich habe Algerien ein legitimes Staatsoberhaupt, gewiß müsse das Regime auf diesem Wege weitergehen und Parlamentswahlen vorsehen usw. Kaum jemand fragt jedoch nach den Umständen oder stellt den Ablauf der Wahlen in Frage: alle sind erstaunt und angenehm überrascht über die hohe Beteiligung (ca. 75%), aber vor allem über den « reibungslosen » Ablauf dieser « Kraftprobe » zwischen dem Regime und den bewaffneten Gruppen.
Aber wie war es möglich, daß in den Wochen vor der Wahl Ruhe herrschte? Es bleibt ein Rätsel. Sicher ist jedoch, daß diese ‘Hoffnungsschimmer’ nach einer Zeit des Schreckens und der kollektiven Psychose für Millionen Algerier der Auslöser war, wählen zu gehen.10
Die Wahlen wurden von 300 000 Soldaten, Gendarmen, Polizisten, Reservisten etc., die in den Tagen zuvor in ihren Kasernen gewählt hatten, und von Panzern bewacht und kontrolliert.11 Ob überall Wahllokale eingerichtet waren, ist nicht bekannt. Aber algerische Wahlbeobachter wurden oft bei den Auszählungen aus den Lokalen hinausgeworfen, Wahlurnen sollen ausgetauscht worden sein usw. Die Partei ‘Hamas’ hat aufgrunddessen die Annullierung des Wahlgangs vor dem Verwaltungsgericht beantragt.12 Sie protestiert auch gegen die Entführung eines ihrer Anhänger, der gefoltert wurde.13 Die FIS und die FFS geben « Angaben anonymer Vertrauensleute in der algerischen Verwaltung » zufolge bekannt, daß die Wahlbeteiligung nicht über 35% gelegen habe.14 Auffallend war, daß die Endergebnisse schon früh bekannt waren und aus dem Arbeitszimmer des Präsidenten und erst später aus dem Innenministerium kamen. Außerdem konnte der Eindruck nicht täuschen, daß die anschließenden « spontanen » Ausbrüche der Freude sowie die « spontanen Demonstrationen » angesichts des Sieges Zerouals inszeniert und von zivilen bewaffneten Männern begleitet waren, die unentwegt in die Luft schossen.15 Dies konnte selbst das so gut vorbereitete Fernsehen nicht wegretuschieren. Wie dem auch sei, die Wahl war von Erfolg gekrönt, vor allem nachdem die zu erwartenden « Störungen » der bewaffneten Gruppen gänzlich ausgeblieben waren. Ob nun die Wahlbeteiligung so hoch war oder nicht bleibt offen. Viele AlgerieInnen erklären, daß sie aus Angst vor Repressalien zwar wählen gegangen sind, jedoch nicht glauben, daß Zeroual dieses Ergebnis erzielte, sondern der Kandidat der Hamas, Mahfud Nahnah, weit über die ihm zugeschriebenen Stimmen erhielt, zumal einige Tage vor der Wahl FIS-Anhänger den Wählern nahegelegt haben sollen, daß wenn sie wählen gingen, für diesen stimmen sollten.
Das Regime scheint gestärkt aus dieser Machtprobe hervorzugehen, zumal innerhalb der FIS Unstimmigkeiten aufkamen. Der Vorsitzende des « Externen Exekutivausschusses » Rabah Kebir erkennt Liamine Zeroual als rechtmäßigen Präsidenten an, während der Präsident der « Parlamentarischen Delegation », Anouar Haddam, und viele andere gewählte FIS-Deputierte auf dem verfassungswidrigen Ablauf der Wahlen beharren und zugleich auf die Forderungen der FIS und der UnterzeichnerInnen der Plattform hinweisen.16 Nach den scheinbar ruhigen Tagen der Wahl haben die Gewaltaktionen wieder begonnen, und es sind keine Initiativen von Seiten des Regimes erkennbar, einen politischen Weg aus der Krise zu suchen. Die UnterzeichnerInnen der Plattform haben einen Forderungskatalog aufgestellt, den sie als Grundvoraussetzung für die Vorbereitung einer friedlichen Lösung erachten. Neben der Freilassung der politischen Gefangenen fordern sie die Abschaffung der Zensur, die Wiedereingliederung der wegen ihrer politischen Meinungen ausgesperrten Angestellten und Arbeiter, Zugang für alle Parteien zu den Medien und Abschaffung aller Praktiken, die die Menschenrechte verletzen.17
Ob Zeroual nun aufgrund der Wahl günstigere Bedingungen für Verhandlungen mit der FIS vorfindet, ist eine Frage, die vor allem in Europa positiv beantwortet wird.18 Obwohl die repräsentativen Oppositionsparteien aus guten Gründen nicht an der vom Regime inszenierten Scheindemokratie teilnehmen wollen, begegnen hiesige Regierungen und Journalisten dieser immer neu aufgelegten Maskerade kritiklos. Es wird sogar mit einer gewissen Erleichterung darauf hingewiesen, daß verschiedenen politischen Strömungen die Möglichkeit geboten wurde, einen Kandidaten aufzustellen. Vor allem nach der Präsidentschaftswahl scheinen die wenigen Bedenken völlig verflogen zu sein. Die Ergebnisse und Verlautbarungen der algerischen Regierung werden wohlwollend übernommen und nicht weiter hinterfragt. Die Positionen der Opposition werden einfach ignoriert. Dieser Standpunkt zeigt deutlich die Neigung der europäischen Regierungen, allen voran natürlich Frankreichs, das gegenwärtige algerische Regime gegen eine mögliche Zunahme des Einflusses der Islamisten zu unterstützen.19 Insbesondere in der Handhabung der Anerkennung von Fluchtgründen bei politischen Flüchtlingen ist diese Haltung von Bedeutung. Die Wahlen in Algerien können in der Praxis keine « Wende » mit sich führen, wenn nicht fundamentale Freiheiten und Rechte wieder hergestellt werden, darunter die Meinungsfreiheit.20 Je mehr Zeit verstreicht, desto stärker kehren die alten Reflexe aus der Epoche der Einheitspartei FLN wieder: der Präsident repräsentiert « das Volk » und die « Nation ». Zu Wahlen zugelassen werden neuerdings einige ungefährliche Kandidaten, die sich auf das Spiel einlassen, doch das Zentrum der Macht wird von einer nach außen geschlossenen, undurchsichtigen Gruppe getragen, die – dem Zeitgeist verpflichtet – im Namen der Demokratie und des Pluralismus handelt.21 Nun soll auch die Verfassung von 1989 modifiziert werden: Eine zweite Kammer, die legislative Funktionen übernehmen soll, wird das gewählte Parlament in den Schatten stellen. Diese Kammer soll sich aus gewählten Kommunaldelegierten und ernannten « Persönnlichkeiten » zusammensetzen. Oppositionsparteien müssen sich ein Jahr « bewähren » bevor sie als solche anerkannt werden und müssen vor allem 800 Mitglieder in jede der 48 Wilayas (Départements) namentlich vorweisen! Damit ist praktisch allen Parteien der Todesstoß erteilt, da außer der FLN nur die verbotene FIS eine solche Bedingung erfüllen kann. Parteien, die auf eine religiöse, sprachliche oder kulturelle Grundlage sich formieren werden nicht zugelassen. An den Verhandlungen um die Verfassungsänderung sind kaum Oppositionspolitiker eingeladen worden. Deswegen ist es nicht weiter verwunderlich, wenn angeblich 80% der geladenen Gäste sich für diese Änderung aussprechen.
Diese – nun durch die Wahlen legitimierte Entwicklung – findet in Europa und unter vielen DemokratInnen Zustimmung, weil sie die « islamistische Gefahr » zu verbannen verspricht und einhergeht mit einer wirtschaftlichen Öffnung, die für die Gläubigerländer lukrativ ist.
Die Verdrängung der FIS von der politischen Bühne Algeriens führen Beobachter auch auf die gewandelte Haltung der USA zurück, die bisher das Regime in Algier regelmäßig aufgefordert hatten, « seine politische Basis zu verbreitern ». Damit waren Kontakte mit dem dialogwilligen FIS-Flügel gemeint. Die Veränderung der amerikanischen Haltung wird vor allem auf die Beteiligung Algeriens am (pro-israelischen) Anti-Terrorgipfel von Charm-El-Cheikh zurückgeführt sowie auf die Weigerung der inhaftierten FIS-Führer Abassi Madani und Ali Benhadj, die islamistischen Untergrundgruppen zur Einstellung des Terrors aufzurufen. »22
Allerdings dürfte ein weiterer und nicht unwesentlicher Grund für die veränderte Haltung der USA in den zuletzt unterschriebenen lukrativen Verträgen zwischen dem algerischen Staat und amerikanischen Erdölkonzernen liegen.23
1 Werner Herzog, 111.
2 Ali Saket, Résister aux dérives, La Nation, 28.2-6.3.1995.
3 Guerre psychologique et manipulations, Le Drame Algérien, 50.
4 Le Monde, 15. November 1995.
5 « Sie liegt zwischen 12 und 16 Millionen », SZ, 16. November 1995. Schon im April wundert sich La Nation über die Zahl der Wahlberechtigten: » Die Zahl der Wähler ist heute etwas niedriger als im Dezember 1991. […] Also, wie kann erklärt werden, daß vier Jahre später, mit mindestens 250 000 jungen Menschen im Jahr, die ins Wahlalter kommen, immer noch die selbe Zahl der Wähler oder sogar weniger als 1991 vorliegt. », La Nation, 18-24 April 1995.
6 Spiegel, 47/1995. « ‘Wer nicht hingeht’, sagt ein Regierungssprecher, ‘ist ein potentieller Terrorist’. Die Polizei streute das Gerücht, Nichtwähler erhielten keine Ausweispapiere mehr », Oliver Fahrni, Die Tricks der Generäle, Die Woche, 10. November 1995.
7 « Als ich im Oktober zum Konsulat ging, um mir eine Ehefähigkeitsbescheinigung (fiche d’état civil) ausstellen zu lassen, hat man mir gut zu verstehen gegeben, daß wenn ich und meine Familie nicht wählen würden, es für uns in Zukunft schwieriger werden würde, irgendein Papier zu bekommen », Le Monde, 14. November ’95. « Diese (die Emigranten) sind denn auch überzeugt, daß die Verlängerung von Pässen, die Ausstellung von Ausweisen und die Rückkehrerlaubnis von erfüllten Wahlpflichten abhängig gemacht werden könnten. Alle Konsulate führten entsprechende Kontrollisten. Man wählte vor allem auch aus Angst vor Repressalien, die man auch für die in Algerien verbliebene Familie befürchtete », NZZ, 13. November 1995.
8 « Im ganzen Land werden nur sechs Beobachter von der UNO sowie je 50 von der Arabischen Liga und der Organisation für Afrikanische Einheit tätig sein. », SZ, 16. November 1995.
9 Le Monde, 16. November 1995.
10 Salima Ghezali, Hat Algerien seine Chance vertan?, Le Monde diplomatique, Februar 1996.
11 FR, 16. November 1995, Le Monde, 15. November 1995.
12 FR, 18. November 1995.
13 Bericht des US-Außenministeriums über Algerien, März 1996.
14 SZ, 18. November 1995. « Sind die Zahlen manipuliert? Mit einer linientreuen Verwaltung und mangels politischer Freiheiten und Widersacher hatte das Regime natürlich freies Feld. Öffentliche Kundgebungen von Parteien, die gegen die Art der Durchführung protestierten, wurden verboten. Aufrufe zum Wahlboykott galten als ziviler Ungehorsam. Djamal Zetani, einer der aktivsten Vertreter der kulturellen Bewegung der Berber (MCB), wurde deswegen verhaftet und nach seiner Freilassung von einigen Herren in Zivil abgeholt. Erst nach massiven Protesten seiner Anhänger kam er erneut frei. » Salima Ghezali, Hat Algerien seine Chance vertan? Le Monde diplomatique, Februar 1996.
15 « Im übrigen waren die Wahlfeiern am 16. November in Pulverdampf gehüllt und von Maschinengewehrfeuer untermalt – kaum zu glauben, welche Massen von bewaffneten Zivilisten unterwegs waren. […] Diese Art, symbolisch ‘die Waffen sprechen zu lassen’, wurde denn auch allseits als unmißverständliche Botschaft aufgefaßt. » Salima Ghezali, idem.
16 Jeune Afrique, 21. Dezember ’95-3. Januar 1996.
17 Al Hayat, 12. Dezember 1995.
18 Jeune Afrique, 21. Dezember ’95-3. Januar 1996.
19 Siehe den Besuch des französischen Parlamentspräsidenten im Dezember 1995, den dreitägigen Besuch des Staatssekretärs im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer, Mitte März 1996 (erster offizieller Besuch seit 1989) und des amerikanischen Staatssekretärs Robert Pelletreau am 18. März 1996 (erster Besuch eines hohen Politikers seit 1992). Der französische Außenminister Hervé de Charette soll auch in naher Zukunft Algerien besuchen.
20 Aber nicht nur die zahlreichen Anschläge zeugen von einer weiterhin prekären Lage, sondern auch die verstärkte Zensur, die mit der Einführung von Lektürekomitees in den Redaktionen zeigt, daß das « Regime sich noch mehr in der Defensive befindet als vor einigen Monaten ». Ali Habib, Le Monde, 20. Februar 1996.
21 Le Monde vom 28. März 1996 berichtet von einem dreitägigen Treffen (26.-28. März) des Konklaves, bei dem sich die Militärchefs der 48 Wilayas (Départements) unter der Führung des General Smail, dem zweiten Mann des militärischen Sicherheitsdienstes versammelten, mit dem Ziel, die in der Führung der Armee erschienenen Differenzen zu glätten und eine neue sicherheitstechnische Strategie zu entwickeln. Im Mai 1996 der Chef der zweiten Militärregion General Fodhil Saidi in einem mysteriösen Autounfall ums Leben gekommen, im Juni 1996 sind mehrere Generäle in den Ruhestand geschickt worden. Die Machtkämpfe in der Militärhierarchie spitzen sich zu, Zeroual soll immer mehr isoliert werden.
22 Samuel Schirmbeck, Islamisten ausgegrenzt, FR, 19. April 1996.
23 Arco (Oil company Atlantic Richfield) hat im Februar einen Investitionsvertrag mit der staatlichen algerischen Sonatrach über eine Milliarde Dollar zur Erdölförderung im Osten und Südosten des Landes unterschrieben, Reuter, 15. Februar 1996.