USA errichten Abhörstation in Algerien
USA errichten Abhörstation in Algerien
Insgesamt 1000 US-« Militärberater » sollen in Nordafrika gegen Terroristen kämpfen
von Torsten Krauel, Die Welt, 3. August 2005
Washington – Eine in aller Stille im südalgerischen Tamanrasset am Fuß des Hoggar-Gebirges errichtete große US-Abhörstation ist der französischen Wochenzeitung « Le Canard Enchaîné » zufolge einsatzbereit. Die Einrichtung, über deren Bau seit einem Jahr Berichte in spanischen und arabischen Medien kursieren und die solchen Berichten gemäß von der Firma Kellogg, Brown & Roots am Flugplatz der Stadt als « Nasa-Bodenstation » gebaut worden ist, soll al-Qaida-Aktivitäten in Westafrika überwachen. Der Bau der Anlage geht auf den Besuch des algerischen Präsidenten Abdelaziz Bouteflika in Washington im September 2003 zurück. Der « Canard » schreibt in seiner neuen Ausgabe, rund 400 US-Soldaten seien inzwischen dort beschäftigt. Im Juni sei unter dem Codewort « Flintlock 2005 » erstmals ein Manöver durchgeführt worden, an dem auch Einheiten Algeriens, Malis und Senegals teilgenommen hätten.
Die Station ist Teil einer weitgehend unbeachteten US-Strategie, Westafrika präventiv gegen den islamischen Terror zu unterstützen. Nach den Anschlägen al-Qaidas auf zwei US-Botschaften in Ostafrika 1998, die mehr als 200 Tote und über 2000 Verwundete forderten, begannen die US-Ermittler intensiv die Finanzströme der Täter zu erforschen. Dabei stießen sie auf eine Spur ins westafrikanische Sierra Leone. Am Handy meldete sich jemand als « Alpha Zulu » und kontaktierte « Sierra Oscar ». Es ging um leonische Diamanten in erheblichen Mengen. Hinter « Alpha Zulu » verbarg sich ein libanesischer Geschäftsmann. « Sierra Oscar » war ein Kommandeur der leonischen Rebellenfront RUF. Im engsten Umfeld des Libanesen gab es eine direkte Spur zu islamischen Finanziers in Dubai und zum al-Qaida-Chefplaner in Ostafrika. Im weiteren Umfeld gab es eine Verbindung nach Deutschland. Die Geschäfte des Libanesen mündeten schließlich in einen Raid belgischer Polizei in Antwerpen. Der Libanese hatte versucht, gegen seine Diamanten tragbare Luftabwehrraketen zu erwerben.
Die Spur nach Westafrika ist heiß, und nicht nur dort. Der gesamte Raum südlich der Sahara, von Sierra Leone bis Nigeria, gilt al-Qaida nach dessen eigenen Bezeugungen als neue Basis. Eine « Salafistische Gruppe für Predigt und Kampf » in Südalgerien hat sich kürzlich offen zur Qaida-Ideologie bekannt und das Ziel verkündet, alle « Ungläubigen » aus Algerien zu vertreiben. Die Gruppe wird für die Entführung von 32 Urlaubern, unter ihnen 16 Deutsche, im Frühjahr 2003 verantwortlich gemacht. Im Juni attackierte sie mauretanische Soldaten, es gab 15 Tote. Washington beobachtet solche Aktivitäten auch wegen seiner Erdölinteressen scharf. Bestrebt, die Abhängigkeit von Riad zu verringern, haben die USA seit 2001 die Ölimporte aus Algerien ausgeweitet. 15 Prozent der amerikanischen Öleinfuhren stammen heute aus Westafrika. Vor der westafrikanischen Küste lagern unerschlossene Vorkommen. US-Marineflugzeuge identifizierten Ende 2003 die Waffenlager der Salafisten in Mali. Die Salafisten wurden in den Tschad gelockt, wo eine militärische Einheit des Tschad sie aufrieb. Ihr Führer entkam. Beraten und begleitet wurden die Soldaten von US Marines.
Diese Berater sind inzwischen in Stärke von rund tausend Mann in ganz Westafrika stationiert. Das für Afrika zuständige US-« Kommando Europa » in Stuttgart hat eine « Trans-Sahara Antiterror-Initiative » ins Leben gerufen, hinter der sich die stillschweigende Entsendung von US-Soldaten verbirgt – von Mauretanien bis in den Niger. Die Soldaten bilden in den Gastländern Antiterror-Einheiten aus, leisten aber auch wirtschaftliche Hilfe. Es sind kleine Teams. Im Niger sind es 24 Amerikaner, in anderen zwölf oder weniger. Der Etat 2005 dieser Initiative beträgt der « Washington Post » zufolge 16 Millionen Dollar. Für 2007-2011 sollen es 100 Millionen sein.
Im subsaharischen Afrika hat Frankreich Verbindungen, die Washington nicht besitzt. Die amerikanisch-französische Kooperation dort ist deshalb ein wichtiger Aspekt bei George W. Bushs Bestreben, das Verhältnis der USA zu Paris nicht von Ressentiments der Republikanischen Partei bestimmen zu lassen. Seit Anfang 2002 haben beide Staaten in Paris ein Antiterrorzentrum aufgebaut, die « Alliance Base », in welcher US-Technik und französische Erfahrung in Afrika synergetisch genutzt wird. Die « Washington Post » berichtete kürzlich darüber. Geführt von einem Franzosen, finanziert von der CIA, werden dort Antiterror-Maßnahmen einer Vielzahl von Staaten koordiniert. In der « Alliance Base » sitzen auch deutsche Vertreter. Dort könnten deutsche Nachrichtendienste auf diesem Sektor endlich eng miteinander kooperieren, berichtet die « Post ». Auf deutschem Boden ist ihnen das untersagt.
Mitarbeit: jhe.