Afrika als militärisches Ziel Washingtons
US-Truppen auf dem Sprung
Afrika als militärisches Ziel Washingtons
Absicherung der ökonomischen Interessen gegen internationale Konkurrenz auf dem globalen Ölmarkt
Von John Lasker, Columbus/Ohio, Junge Welt, 18. Februar 2006
Beobachter der US-amerikanischen Afrikapolitik sehen das Interesse Washingtons am schwarzen Kontinent mit zunehmend gemischten Gefühlen. Nachdenklich stimmen die Experten vor allem Angaben wie etwa die Schätzungen, nach denen afrikanisches Öl in den nächsten zehn bis 15 Jahren nicht wie derzeit zwölf, sondern 25 Prozent des US-amerikanischen Verbrauchs decken wird. Auch plant die US-Administration die »Trans-Sahara Counter-Terrorism Initiative« (TSCTI), die 2005 mit 16 Millionen US-Dollar finanziert wurde, in diesem Jahr mit 31 Millionen Dollar und ab 2008 für fünf Jahre mit jährlich 100 Millionen Dollar auszustatten. Mit diesen Summen soll vor allem der seit über 60 Jahren in der Sahel-Zone existente islamische Fundamentalismus, der noch nicht in antiwestliche Gewalt gekippt ist, bekämpft werden.
Maya Rockeymoore vom »TransAfrica Forum«, einer Nichtregierungsorganisation in Washington, bringt auf den Punkt, was viele denken: »Die USA bauen ihre Präsenz unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung aus. Tatsächlich aber sollen die Ölressourcen vor einem Vordringen anderer Staaten geschützt werden, die wie China ebenfalls größtes Interesse an ihnen haben.« Nach Auffassung von Rockeymoore spielt das zuständige US-Europakommando (EUCOM) in Stuttgart die Zahl der in der Sahelregion stationierten US-Soldaten mit Angaben von »um die 100« bewußt herunter. Immerhin sei die TSCTI nur eines von mehreren neuen militärischen Abkommen der USA mit über zehn Staaten im Norden und Westen von Afrika und Ländern der Sahelzone. So hätten Reservekräfte aus North Dakota ein Trainingsabkommen mit Ghana, ebenso seien Reservekräfte aus Utah in Marokko untergebracht und in Ghana, Gabun und Senegal einige so genann-te »Cooperative Security Locations« (CSLs) eingerichtet worden.
EUCOM-Presseoffizier Derek Kaufman nennt diese CSLs »nicht mehr als eine kleine Landebahn mit einigen Gebäuden«. Er erwarte für Afrika kein Szenario wie in Afghanistan. Allerdings sei die Sahara ein fruchtbares Rekrutierungsfeld für Terroristen, prädestiniert durch Armut, Rechtlosigkeit und einer großen muslimischen Bevölkerung. Ziel sei es daher, heimische Kräfte so auszubilden, daß sie Verteidigungsaufgaben übernehmen könnten.
»Es ist keineswegs so, daß sie nur trainieren«, hält John Pike, Leiter der Agentur für alternative Informationen »Global Security.org« in Virginia, dagegen. »Sie gehen da rein und verfolgen die Bösen, sie haben die Lizenz zur Jagd.« Wie Rockeymoore meint auch Pike, daß es Washington in Afrika um mehr als sogenannte Terrorbekämpfung geht. »Das alles ist zum Teil »Empire-Building«, zum Teil Sicherheitsmission. Nach dem Motto: Greifen wir nicht zu, werden es andere tun, etwa die Chinesen. Wir wollen unsere Finger eben überall haben.«
Experten warnen indes vor der seit Jahren kursierenden Idee zum Aufbau eines Südatlantikkommandos etwa im Golf von Guinea. So sagte ein ehemaliger Mitarbeiter des US-amerikanischen Außenministeriums, ein solcher Stützpunkt würde islamische Fundamentalisten wie ein Magnet anziehen. Nur: Gerade in Nigeria und vor dessen Küsten liegen die reichhaltigen Ölvorkommen, die die militärischen Ambitionen der Supermacht befördern.