Asyl auch bei Verfolgung durch Terrorgruppen
20min.ch, 28.05.01
BERN/ZÜRICH – Die Beurteilung von Asylgesuchen soll sich ändern: Verfolgung durch Terrorgruppen soll künftig als Asylgrund anerkannt werden.
Das Bundesamt für Flüchtlinge (BFF) will die Praxis bei der Beurteilung von Asylgesuchen ändern. Künftig sollen in der Schweiz auch Flüchtlinge den Asylstatus erhalten, die nicht vom Staat, sondern von Terrorgruppen verfolgt werden.
Das BFF will die neue Praxis im Herbst einführen, wie BFF- Sprecher Dominique Boillat gegenüber der Nachrichtenagentur sda bestätigte. BFF-Direktor Jean-Daniel Gerber hatte in einem Interview mit dem « Tages-Anzeiger » vom Montag über die Pläne gesprochen.
In der Schweiz setzt heute die Anerkennung eines Asylgesuchs eine Verfolgung durch einen Staat oder staatliche Organe voraus. Die meisten EU-Länder wenden aber bereits die sogenannte « Schutztheorie » an und anerkennen auch Verfolgung durch nichtstaatliche Gruppen.
Das Uno-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) unterstützt diese Interpretation der Genfer Konvention über den Status von Flüchtlingen. Es übe einen gewissen Druck auf die Schweiz aus, ihre Praxis zu ändern, sagte Boillat.
Anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Genfer Konvention plant das BFF nun eine « symbolische Geste ». Die Änderung wird laut Boillat aber schon seit Jahren diskutiert. Sie kann ohne Anpassung des Asylgesetzes erfolgen.
Nach Einschätzung des BFF würde die neue Praxis keinen Flüchtlingsstrom auslösen. Personen, die durch Dritte verfolgt und von ihrem Staat nicht beschützt werden, schickt die Schweiz auch jetzt nicht nach Hause. Sie erhalten eine provisorische Zulassung.
Dies betrifft beispielsweise Flüchtlinge aus Somalia oder intellektuelle Algerier, die von islamistischen Gruppen bedroht werden. Der neue Flüchtlingsstatus würde auch Frauen und Homosexuellen zu Gute kommen, die aufgrund ihres Geschlechts bzw. ihrer sexuellen Neigung verfolgt werden.
QUELLE: SDA