Schon mehr als 1600 Flüchtlinge abgeschoben
Die Welt, 14. Oktober 2005
Die marokkanische Regierung weist Berichte von Hilfsorganisationen über eine angebliche Aussetzung von Flüchtlingen in der Wüste der Westsahara zurück
Rabat/Algier – Marokko hat die letzten von mehr als 1600 afrikanischen Flüchtlingen aus der Stadt Oujda in ihre Heimatländer abgeschoben. Am Freitagvormittag wurden 102 Malier mit der marokkanischen Luftfahrtgesellschaft Royal Air Maroc nach Bamako geflogen, wie die örtlichen Behörden mitteilten. Die Botschafter des Senegal und von Gambia reisten vom ostmarokkanischen Oujda nach Guelmim im Süden des Landes, wo eine weitere Luftbrücke für mehr als tausend Flüchtlinge eingerichtet werden sollte. Die Afrikaner waren festgenommen worden, nachdem sie vergeblich versucht hatten, in die spanischen Nordafrika-Exklaven Ceuta und Melilla zu gelangen.
Der Botschafter des Senegal, Ibou Ibou Ndiaye, sagte vor seiner Abreise nach Guelmim, daß 827 seiner Landsleute von Oujda in ihre Heimat zurückgeführt worden seien und daß in Guelmim weitere 309 Menschen aus dem Senegal auf ihre Abschiebung warteten. Marokko habe „immense Anstrengungen“ unternommen, um die Flüchtlinge zurückzuführen. Ein Mitarbeiter der Präfektur in Oujda sagte, die Luftbrücke habe die Region und die Fluggesellschaft zwei Millionen Dollar gekostet. Die beiden Auffanglager in der Stadt seien nun leer.
Die algerische Nachrichtenagentur APS meldete, in der von Marokko verwalteten Republik Westsahara wurden Hunderte Flüchtlinge aufgefunden, die „in einem Zustand völliger Erschöpfung, ausgehungert und durstig“ seien. Sicherheitskräfte hätten die Flüchtlinge in vier Gruppen in der Wüste im Süden von Marokko entdeckt und gerettet. Die Afrikaner seien aus dem Norden nach Westsahara gebracht worden.
Marokko dementiert Aussetzung von Flüchtlingen in der Wüste
Marokko wies Berichte von Hilfsorganisationen über eine angebliche Aussetzung von Flüchtlingen in der Wüste der Westsahara scharf zurück. „Von den Hunderten von Immigranten, die sich illegal in Marokko aufhalten, wurde kein einziger an der Grenze im Süden des Königreichs seinem Schicksal überlassen“, betonte die staatliche Nachrichtenagentur MAP unter Berufung auf „verantwortliche Kreise“.
Internationale Hilfsorganisationen hatten berichtet, die marokkanischen Behörden hätten afrikanische Flüchtlinge in einem Wüstengebiet ausgesetzt, das an die von der Westsahara- Befreiungsfront Polisario kontrollierte Zone grenzt. Die Polisario teilte hingegen mit, sie habe 40 Afrikaner aufgegriffen, die die Marokkaner im Grenzgebiet zurückgelassen hätten.
Demgegenüber betonte Rabat: „Wenn es in der Wüste Immigranten gibt, kann es sich nur um neu hinzugekommene Illegale handeln“, die von der anderen Seite des Grenzwalls nach Marokko gelangen wollten. MAP wies darauf hin, daß sich die Berichte auf die Anrufe von Afrikanern per Handy aus der Wüste stützten. „Man fragt sich in Rabat, wie die Batterie eines Handys, das sich 30 Leute teilen sollen, eine Woche in der Wüste halten soll.“
Marokko hat nach spanischen Presseberichten etwa 2000 afrikanische Flüchtlinge in Militärlagern im Südwesten des Landes untergebracht. Rabat verhandelt mit mehreren Staaten in Mittel- und Westafrika, um eine Abschiebung der Flüchtlinge zu ermöglichen. WELT.de