Das Problem der Verschwundenen soll administrativ erledigt werden
Algeria-Watch, Infomappe 16, April 2001
Die Assoziation der Familien von Verschwundenen in Constantine, ein Verein, der bis heute offiziell nicht anerkannt wird, protestiert gegen die jüngsten Entscheidungen der lokalen Verwaltung. Mehrere Mitglieder haben Mitteilungen von Behörden erhalten, in denen angegeben wird, daß die Untersuchungung der Sicherheitskräfte bezüglich ihres verschwundenen Angehörigen ergeben, dass dieser gesucht wird oder verstorben ist. Die Familien protestieren gegen diese pauschalen Entscheidungen, da keine genauen Ergebnisse der Untersuchungen vorgelegt werden und die Aussagen der Sicherheitskräfte oftmals Widersprüche enthalten. So ist z.B. Rachid Sassane mit seiner Ehefrau am 18. Mai 1996 festgenommen und im Kommissariat von Constantine inhaftiert worden. Frau Sassane, die ihn öfters unter der Folter schreien hörte, wurde nach zwei Wochen freigelassen, während er verschwand. Am 25. Juni 1996 erhielt die Familie, die eine Anzeige erstattet hatte, die Mitteilung, daß nach Herrn Sassane nicht gefahndet wird. Am 20. Januar 2001 erhielt die Familie eine weitere Mitteilung: Der Verschwundene soll am 19. Mai 1996 oder am 3. November 1996 von Sicherheitskräften getötet worden sein. Es wurden keine näheren Angaben zu den Umständen dieser Tötung gemacht. Die Familie wurde in den vier Jahren nicht über den Tod des Betroffenen informiert, sie hat weder die Leiche gesehen, noch die Untersuchungsergebnisse erhalten. Ähnliche Versuche, sich des Problems der Verschwundenen zu entledigen, wurden in Algier unternommen. Die Familien haben auch dort dagegen protestiert, indem sie den Vorladungen der Gerichte nicht gefolgt sind.