Wahlkampf auf Staatskosten

Wahlkampf auf Staatskosten

Algeriens Präsident Bouteflika möchte gewinnen – um jeden Preis

In Algerien wird am 8. April gewählt. Präsident Abdelaziz Bouteflika muss gegen fünf Herausforderer antreten, von denen zwei sich gute Chancen ausrechnen, die Wahl zu beeinflussen.

VON AXEL VEIEL, Frankfurter Rundschau, 6. April 2004

Madrid · 5. April · Die Herausforderer von Abdelaziz Bouteflika nennen die Wahlen vom 8. April ein abgekartetes Spiel. Der Staatschef betreibe seine Wiederwahl mit unlauteren Mitteln, sagen sie. Und das stimmt auch. Der 67-Jährige reist seit Anfang 2004 auf Staatskosten kreuz und quer durch den Maghrebstaat und empfiehlt sich mit allerlei Gaben als großzügiger Landesvater. Von den Behörden über die Justiz bis zu öffentlichem Rundfunk und Fernsehen: Ungeniert stellt sich der Staat in den Dienst des zum Weiterregieren entschlossenen Mannes.

Die Wahlhilfe ist so offensichtlich, dass sich die Armeeführung herausgefordert sah. « Behörden und Justiz sind keineswegs dazu da, Partei zu ergreifen im Angesicht der Entscheidung der Wähler », stellte Generalstabschef Mohamed Lamari klar und fügte warnend hinzu: « Die Neutralität des Militärs hat wohl keinen Sinn, wenn sich nicht auch die anderen Einrichtungen der Republik ihrer befleißigen. »

Wenn Bouteflika zu fragwürdigen Mitteln greift, dann deshalb, weil er nicht sicher sein kann, allein mit seiner Leistungsbilanz zu überzeugen. Er hat Erfolge: In seiner Amtsperiode seit 1999 wurde der Terrorismus eingedämmt und das Land aus der internationalen Isolation herausgeführt.

Die Gewalt nahm zwar im vergangenen März erstmals seit acht Monaten wieder zu. Bei Zusammenstößen zwischen Uniformierten und bewaffneten Islamisten sowie bei Terrorüberfällen wurden im März 54 Menschen getötet. Gemessen an den Jahren 1992 bis 2002 aber, in denen es 150 000 Tote gab, scheint das Blutvergießen nun, was die Machthaber schon vor Jahren herbeizureden versuchten: « Restterrorismus ».

Glanz verbreitet obendrein der makroökonomische Erfolg. Öl- und Gasreichtum haben dem Staat zu 32 Milliarden Dollar Devisenreserven verholfen. Die Wirtschaft wächst jährlich um 6,8 Prozent. Doch die Bodenschätze sind nicht nur Segen, sondern auch Fluch des Landes. Neben dem einträglichen Rohstoffexport ist eine wettbewerbsfähige Wirtschaft bisher nicht entstanden. Das über Algerien hernieder gehende Manna hat Korruption und Vetternwirtschaft hervorgebracht, dem Land eine Schwemme von Importwaren beschert und 60 Prozent Jugendarbeitslosigkeit.

Zwei ernsthafte Konkurrenten

Vor diesem Hintergrund rechnen sich zwei der fünf Herausforderer Bouteflikas am Chancen aus: der Generalsekretär der bei den Parlaments- und Regionalwahlen zuletzt siegreichen Nationalen Befreiungsfront FLN, Ali Benflis, und der Islamist Abdallah Djaballah der Islah-Partei.

Benflis musste freilich ohnmächtig mit ansehen, wie die Justiz seiner Partei wegen angeblich nicht rechtmäßiger Beschlüsse auf einem 2003 abgehaltenen Kongress jede Tätigkeit untersagte. Djaballah wiederum weiß nur einen Teil der religiösen Bewegung hinter sich. Die gemäßigter als Islah auftretende Gesellschaftliche Bewegung für den Frieden (MSP) steht an der Seite Bouteflikas. Sollte dieser nicht 50 Prozent der Stimmen erzielen und einer der zwei Rivalen am 22. April in der 2. Wahlrunde gegen ihn antreten, wäre das für den Herausforderer zumindest ein Achtungserfolg.