Algerische Botschaft bleibt dabei: Salzburger nicht in Algerien
Paar könnte in Mali sein – Algerische Zeitung: Entfernung sei zu groß
Der Standard, 12. März 2008
Eine algerische Zeitung schließt aus, dass die österreichischen Geiseln ins Küstengebiet nach Mali transportiert werden konnten, berichtet das Ö1 Morgenjournal. Die Entfernung sei zu groß. Schon vor Monaten seien tunesischen Behörden über eine bevorstehende Operation der Al-Kaida informiert gewesen sein. Die Grenzkontrollen an der Tunesischen Grenze sollen daraufhin verstärkt worden sein.
Die Zeitung spekuliert jedoch darüber, dass sich die Entführer in ein gebirgiges Gebiet im Süden zwischen Tunesien und Algerien zurückgezogen haben könnten. Möglicherweise seien die Entführer auf der Suche nach einem sicheren Ort um ihre Verhandlungen zu führen.
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Wien/Algier – Über den aktuellen Aufenthaltsort der in beiden in Tunesien entführten österreichischen Touristen Wolfgang Ebner und Andrea Kloiber herrscht nach wie vor Unklarheit. Nachdem sich die Terrororganisation « Al Kaida im Maghreb » zu der Entführung bekannt hat, sind die algerischen Sicherheitskräfte einem Pressebericht zufolge in der noröstlichen Grenzregion zu Tunesien verstärkt worden. Wie die algerische Zeitung « Liberte » am Mittwoch auf ihrer Internetausgabe berichtete, wurden die Provinzen Tebessa, El-Oued, Batna, Khenchela, Biskra, Ouargla und Ghardaia unter erhöhte Überwachung gestellt.
Algerische Botschaft: Österreicher nicht in Algerien
Von Seiten der algerischen Botschaft bekräftigte man gegenüber der APA dagegen entsprechende Erklärungen vom Vortag, wonach sich die Entführten Österreicher nach derzeitigen Erkenntnissen mit Sicherheit nicht auf algerischem Boden befänden. Ein Sprecher der Botschaft bestätigte umfangreiche Suchmaßnahmen der algerischen Sicherheitskräfte, fügte aber an, diese bezögen sich nicht auf konkrete Hinweise über den Aufenthalt der Entführer und ihrer Geiseln.
Man halte über die heimische Botschaft in Algier ständig Kontakt mit den algerischen Behörden, erklärte Außenministeriumssprecher Martin Gärtner in Wien. Zu algerischen Medienberichten, wonach sich die Entführten noch auf algerischem Territorium befinden könnten und prompten Dementis der algerischen Botschaft in Österreich meinte er lediglich: « Wenn die sagen, dass sie davon ausgehen, dass die beiden nicht in Algerien sind, dann müssen wir das glauben. »
Außenministerium: Alles Spekulationen
In diesem Sinn wird auch Berichten Rechnung getragen, die Entführer könnten mit ihren Geiseln bereits einen Großteil der Sahara in Nord-Süd-Richtung durchquert haben und sich schon in Mali befinden: « Unsere Botschaft in Dakar (die Vertretung in Senegal betreut weitere zehn Staaten mit, darunter auch Mali, Anm.) ist dabei, mit den Behörden in Mali Kontakt aufzunehmen », meinte Gärtner. Man gehe selbstverständlich allen Hinweisen nach, letztlich bleibe zum gegenwärtigen Zeitpunkt aber alles Spekulation. Der eingesetzte Krisenstab sollte im Lauf des Mittwochnachmittages jedenfalls zu einer weiteren Sitzung zusammentreffen.
Österreicher wurden auf tunesischem Territorium entführt
Die algerischen Geheimdienste sind dem Bericht zufolge bemüht, die beiden Entführten gesund aufzufinden und aus den Händen der Geiselnehmer zu retten. Ein Sprecher eines Flügels der Al-Kaida im Maghreb erklärte, die Österreicher seien am 22. Februar auf tunesischem Territorium entführt worden. Laut den von « Liberte » zitierten Quellen sollen sich die Touristen zum Zeitpunkt ihrer Entführung in Matmata im Südosten Tunesiens aufgehalten haben, Von dort seien sie auf algerisches Gebiet verschleppt worden.
Mali oder Grenzgebiet zu Libyen?
Nach algerischen Quellen sollen sich die Entführer und ihre Opfer jetzt entweder bereits in Mali oder im östlichen Grenzgebiet Algeriens zu Libyen im Bereich der Provinzen Ouargla und Illizi aufhalten. Beobachter gingen jedenfalls davon aus, dass sie sich sicher nicht mehr im algerisch-tunesischen Grenzgebiet befinden.
Letzte telefonische Kontaktnahme in Algerien
Die algerische Zeitung « Annanhar » geht davon aus, dass sich die Entführten bereits im Norden von Mali aufhalten, nachdem die Geiselnehmer sie von Tunesien über Algerien in das westafrikanische Land gebracht hätten. Die letzte telefonische Kontaktnahme des entführten Salzburgers Wolfgang Ebner war am 18. Februar erfolgt, und zwar in Tataouine im Südosten Algeriens. Laut Radio France International berichtete die arabischsprachige Zeitung auf ihrer Internet-Seite unter Berufung auf einen Sprecher des Terrornetzwerkes Al Kaida, diese Gruppe habe die Österreicher seit dem 22. Februar in ihrer Gewalt.
Al-Kaida Rückzugsgebiet in Mali
Die Entführung könnte im tunesisch-algerischen Grenzgebiet erfolgt sein. Beide Maghreb-Staaten haben in Stellungnahmen ihrer Wiener Botschaften Berichte zurückgewiesen, wonach die Österreicher auf ihren Territorien verschleppt worden seien.
Nach Angaben von « Annahar » hat die Gruppe mit den Entführern und den beiden österreichischen Touristen die Sahara in Libyen und Algerien durchquert, um schließlich einen Stützpunkt in Mali zu erreichen. Nach Medieninformationen hat die « Al-Kaida-Organisation im Islamischen Maghreb », in deren Händen sich das Halleiner Paar Wolfgang Ebner und Andrea Kloiber offenbar befindet, in Mali ein Rückzugsgebiet.
Lokalisierung
Vor dem Eintreffen in Mali sollen die Entführer mit ihren Geiseln in in zwei algerischen Ortschaften lokalisiert worden sein. In der Provinz Tebessa und in Oued Souf nahe der Grenze zu Tunesien. Ein Gebiet, wo die algerische Armee ihren Aufenthalt festzustellen versucht, heißt es auf der Internet-Seite von « Annahar ».
Suche nach Verhandlungsort
Ein Mitarbeiter der Zeitung sagte in diesem Zusammenhang, die algerischen Streitkräfte wollten die Entführer mit ihren Geiseln nach Nord-Mali abdrängen. Dort könnten leichter Verhandlungen mit den Geiselnehmern geführt werden, und außerdem bliebe Algerien dadurch erspart, mit den Geiselnehmern möglicherweise auf ihrem Territorium verhandeln zu müssen.
Al-Kaida-Organisation im Islamischen Maghreb
Die aus Algerien stammende Gruppe « Al-Kaida-Organisation im Islamischen Maghreb » hatte sich bis Anfang vergangenen Jahres « Salafisten-Gruppe für Predigt und Kampf » (GSPC) genannt, was auf ihre religiösen Wurzeln hinweist. In dem am Montag verbreiteten Audio-Tape nannte der Al-Kaida-Sprecher Tunesien einen « Apostaten »-Staat. In streng islamischen Ländern laufen Menschen bei einer Abkehr vom Islam Gefahr, « bestraft » und sogar getötet zu werden. Der Al-Kaida-Sprecher warnte westliche Touristen vor Reisen nach Tunesien; Al Kaida könne sie überall erreichen. Die Maghreb-Al-Kaida unter ihrem Führer Yahyia Abu Ammar hat wiederholt ausländische Touristen entführt und soll unter anderem für die Ermordung von vier Franzosen in Mauretanien am 24. Dezember 2007 verantwortlich sein. (APA/red)