Algeria-Watch: Text
Tagesblick.de, 9. November 2008
Bosnien 2001: Sechs dort lebende Algerier werden vom Obersten Gerichtshof von der Anklage des Terrorismus freigesprochen. Sie treten als freie Männer vor das Grichts- gebäude – und werden dort von der CIA verhaftet und nach Guantanamo verschleppt. Und dort sitzen sie bis heute. Ein US-Bundesgericht hat jetzt ihre Haftbe- schwerden zugelassen.
Die sechs Algerier waren von Guantanamo aus per Telefon mit Bundesrichter Richard Leon verbunden, der ihnen erklärte, wie und unter welchen Bedingungen sie an dem kommenden Prozess teilnehmen können. Dieser Prozess wird der erste sein, der vor einem US-Zivilgericht stattfinden wird.
Zuvor hatte das Oberste US-Gericht im Juni Guantanamo-Insassen das Recht zuge- standen, vor ordentlichen Zivilgerichten in den USA ihre Inhaftierung anzufechten. Die US-Regierung hatte bislang darauf bestanden, dass nur eigens eingerichtete Militärtribunale für die Gefangenen zuständig seien, in denen Angeklagte und Verteidigung weniger Rechte haben als vor ordentlichen Gerichten. Derzeit sitzen noch rund 250 Gefangene in Guan- tanamo ein, die alle Anträge auf Haft- prüfung gestellt haben.
Die sechs Algerier, die allesamt bosnische Staatsangehörige sind, wurden auf ameri- kanische Bitten von den bosnischen Be- hörden im Oktober 2001 festgenommen. Die US-Regierung warf ihnen vor, ein Attentat auf eine amerikanische Botschaft zu planen. Die Überprüfung der Vorwürfe durch bosnische Behörden erbrachte jedoch keine Beweise und die Algerier wurden deshalb freige- sprochen.
Ohne Anklage und ohne Beweise wurden die sechs Männer am Tag ihrer Freilassung auf offener Straße von der CIA verschleppt und sitzen seit Januar 2002 in Guantanamo. Wolfgang Petritsch, damaliger UN Diplomat und Hoher Kommissar für Bosnien-Herzegowina sagte, dass die US Regierung gedroht hatte ihre Truppen aus Bosnien abzu- ziehen, sollte die UN gegen die Verschleppung der Sechs protestieren. Die Verschleppung wurde durchgeführt, von US-General John Sylvester, damaliger Kom- mandant der SFOR.
US-General Sylvester ist auch verantwortlich für die Inhaftierung des deutsch-ägypters Abdel-Halim Khafagy, der in München eine Buchdruckerei besitzt. Der damals 79jährige war in 2001 in Bosnien um Bücher nach- drucken zu lassen, kam in Terrorismus- verdacht und wurde aus seinem Hotelzimmer heraus verschleppt, geschlagen und in Folterhaft genommen.
Wenige Wochen später stellte sich diese Festnahme dann als Verwechslung heraus, Khafagy wurde freigelassen und konnte nach München zurückreisen, allerdings schwer gezeichnet von der Haft. Der sogenannten « BND-Untersuchungsausschuss » des Bun- destages hatte sich mit diesem Fall be- schäftigt.